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15. Ehemalige Badstube

    Noch vor 60 Jahren hatten nur wenige Häuser auf dem Dorf ein Bad. Man badete meistens in einer verzinkten Badewanne neben dem Waschküchenkessel und leistete sich diesen Luxus nur von Zeit zu Zeit, häufig war Samstag Badetag und besonders vor größeren Festen an der Kirchweih oder zu Weihnachten. Dennoch war es mit der Reinlichkeit auf dem Dorf in früheren Jahrhunderten nicht so schlecht bestellt, wie es den Anschein haben mag,  denn die meisten größeren Dörfer hatten eine Badstube.

 

 

 

    In Weigenheim ist eine solche  bereits in einer Urkunde vom 5. Januar 1261 belegt. Mit Zustimmung des Albertus von Hohenlohe übereigneten der Ritter Heinrich von Hohenlohe und seine Ehefrau Herrade dem Kloster Heilsbronn 14 Joch Weinberge in Weigenheim, den Platz, um die Kelter zu errichten und auch die "stupa balnea", wie die Badstube in der lateinisch abgefassten Urkunde genannt wird, dazu seinen Hof (curia – Herrenhof) in Gallmersgarten.

Dokument

                                                             

 

     Leider ist uns über die Badeordnung nur wenig überliefert. Vermutlich aber wurde in hölzernen Zubern gebadet, in der Regel wohl zeitlich getrennt nach Geschlechtern.

Trotz erheblicher Unterschiede kann man sich aber einen Badegang folgendermaßen vorstellen:

 

 

    Nach dem Entkleiden stieg der Gast auf die Schwitzbank, die neben dem heißen Ofen stand. Darauf spülte er Schweiß und Schmutz mit einem Kübel Wasser ab und ließ sich vom Bader oder seinen Gehilfen den Kopf waschen, um anschließend im Wannenbad längere Zeit zuzubringen.  Dabei suchte man natürlich Unterhaltung und tauschte eifrig Neuigkeiten aus.

 

 

    Gebadet wurde nur am Tag. Offensichtlich kranke Leute musste der Bader abweisen und sogar dem „Gericht“ – in Weigenheim dem 14er-Gericht, der heutigen Gemeindeverwaltung  –  anzeigen.  Für seine Dienste, einschließlich der Sorge um Sauberkeit und Reinlichkeit der Badstube,  standen dem Bader feste Gebühren zu, der sogenannte „Badpfennig“.

   

 

 

    Die Weigenheimer Badstube stand einst auf dem Platz des heutigen Anwesens Hauptstr. 14, durch Straße und Fußweg von den umliegenden Höfen abgerückt. Das Badwasser schöpfte der Bader aus einer gefassten Brunnenstube mit starkem Grundwasserzulauf, das Abwasser floss in einem vor dem Haus vorbeiführenden Graben dem Wiesbodenbach zu.    

 

Ortsplan

 

Die dörflichen Badstuben waren meistens herrschaftliche Lehen, die von der Dorfgemeinde betrieben wurden und in späteren Jahrhunderten in deren Besitz übergingen, wie übrigens auch die Gemeindeschmieden. Der Bader war dann entweder ein Angestellter der Dorfgemeinde oder der Pächter der Badstube. Ließ er sich  etwas zuschulden kommen, musste er mit der Kündigung rechnen oder mit dem Entzug der Pacht

Wahrscheinlich schon zur Zeit des 30jährigen Krieges wurde der Badebetrieb in der hiesigen Badstube eingestellt. Über die Gründe lassen sich nur Vermutungen anstellen. Ein Mangel an Brennholz ist für den Ort Weigenheim mit seinen großen Wäldern kaum denkbar. In manchen Orten, besonders in den Städten soll es öfter der Fall gewesen sein, dass Männer und Frauen gemeinsam badeten, wodurch die Badstuben ins nicht ganz unbegründete Zwielicht gerieten. Vermutlich war es aber  die Seuchengefahr, besonders die Verbreitung der Pest durch Flöhe, die von einem öffentlichen Bad ausging und die schließlich zur Schließung der meisten Badstuben zur Zeit des 30jährigen Krieges  führte.

 

Da der Bader weitere Dienste wie Haareschneiden, Rasieren, kleinere medizinische Eingriffe wie das Zähnereißen, Setzen von Blutegeln, das Schröpfen mit Schröpfköpfen und das Aderlassen im Angebot hatte, verschwand er nicht aus dem Dorfbild als die Badstube geschlossen wurde.

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     In Weigenheim konnten als Bader festgestellt werden:  1609 Hans Rappelt, 1625 Hans Stengel, 1658 Jakob  Herdegen, 1664 Valentin Kipf, 1669 Hans Vogel,  1672 Hans Hauck, 1683 Gregor Zell, 1695 Joh. Albrecht  Weichsel, 1702 Albrecht Weichfels,  „ein kunsterfahrener  Wundarzt,  Bader und Inwohner allhier“.  Der von 1704 - 1745 amtierende Joh. Georg Flurer, Chirurg und Wundarzt, wird als ein „höflicher, bescheidener und in seiner Kunst wohlerfahrener Mann“ gelobt.   Andreas Kettler ist von 1745 - 1787 Bader und Chirurg in Weigenheim. 

       Dessen Sohn, der Chirurg Joh. Wilhelm Kettler, verkaufte laut Urkataster im Jahre 1802 die inzwischen in Privatbesitz befindliche Badstube, "ein gemauertes zweigädiges Wohnhaus mit der Dreingabe des eingemauerten Waschkessels und des, was Erd, Mauer, Band, Niet und Nagel gehalten, mit Vorbehalt der darauf haftenden Badgerechtigkeit" an Charlotte Rosette Lutz, Ehefrau des königlich bayerischen Portal- und Deposital- Rendanten Georg Friedrich Lutz.

   Nach mehrmaligem Besitzerwechsel im Laufe des 19.Jahrhunderts – 1843 erwarb der pensionierte Mautbeamte Jakob Hornig die alte Badstube, 1852 Isaak Schmalberger, ein jüdischer Mitbürger,  1882 Wilhelm Birkmeyer, HandeIskommis in Paris – schließlich gelangte das Anwesen 1905 durch Heirat in den Besitz des Joh. Georg Sämann und  eine schon vor 1900 in dem Haus eingerichtete Spezereiwarenhandlung wurde bis in die 50er Jahre betrieben. Sämanns Tochter Rosa, verheiratete Nickel, verkaufte das Anwesen um 1970 an Konrad Birkholz.

    Dieser reichte 1975 bei der Gemeindeverwaltung einen Bauplan ein, an gleicher Stelle ein neues Wohnhaus zu errichten. Auf das Angebot des Gemeinderates, das Anwesen gegen einen erschlossenen Bauplatz im Brühl zu vertauschen, ging dieser nicht ein.  Da das Anwesen nicht unter Denkmalschutz stand,  wurde der Abbruch der alten Badstube genehmigt.

Badstube

          Bemerkenswert und ein wenig zum Schmunzeln anregend ist die Tatsache, dass der öffentliche Badebetrieb in Weigenheim nach 1925 in einem Raum neben der Backstube der Bäckerei Kilian noch einmal auflebte. Der junge Bäckermeister Heinrich Kilian war seiner  Zeit weit voraus, als er die überschüssige Wärme seines Backofens nicht ungenutzt lassen wollte und  damit das Wasser für zwei Badekabinen heizte. Seine Idee wurde aber nie zu einem finanziellen Erfolg, denn sein Angebot wurde nur von wenigen Badegästen in Anspruch genommen, die das heiße Wasser und die warmen Kabinen als eine Art Schwitzbad bzw. Sauna schätzten. Spätestens mit dem Umbau der  Bäckerei und dem Abbruch des alten Backofens  war es auch damit vorbei.